„Kundenservice interessiert nicht mehr groß“

Weisenbach (kos) – Die Weisenbacher sind verärgert: Die einzige Sparkasse zwischen Gernsbach und Forbach schließt. Was bleibt, ist eine Selbstbedienungsfiliale.

Bald Geschichte: Die Sparkassen-Filiale in Weisenbach schließt ab 2. Mai ihren Service-Bereich. Foto: Konstantin Stoll/BT

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Bald Geschichte: Die Sparkassen-Filiale in Weisenbach schließt ab 2. Mai ihren Service-Bereich. Foto: Konstantin Stoll/BT

Von BT-Volontär Konstantin Stoll

Nach fast einem Vierteljahrhundert schließt die Sparkasse Rastatt-Gernsbach ihre Filiale in Weisenbach. Zurückbleiben wird lediglich eine reine Selbstbedienungsfiliale, wo Kunden nur noch die Geld- und Überweisungsautomaten nutzen können. Bei den Weisenbachern stößt diese Entscheidung auf keine große Gegenliebe, wie ein Stimmungsfang vor Ort zeigt.

Nun soll am Montag, 2. Mai, also Schluss sein: Weil mittlerweile immer weniger Kunden die Serviceleistungen vor Ort in Anspruch nehmen würden, wird die Sparkassen-Filiale in eine Geschäftsstelle umgewandelt. Um sich persönlich beraten zu lassen, müssen Kunden entweder nach Forbach oder Gernsbach fahren. Andernfalls steht ihnen noch die Online-Beratung offen.

In Zeiten zunehmender Digitalisierung und des Online-Bankings sei das zwar nachvollziehbar, aber trotzdem schade, wie ein Weisenbacher sagt. Außerdem: „Kundenservice interessiert heutzutage nicht mehr groß“, befindet er. Die bequem erreichbare Anlaufstelle seiner Bank mitten im Ort wird er vermissen. Denn: „Jetzt ist halt zwischen Gernsbach und Forbach nichts mehr“, sagt er. Viel schwerer wiege aber für ihn, dass Beratung und Service in Person immer weniger werde und digital kaum vergleichbar sei.

Bedauern und Verständnis zugleich

Darin pflichtet ihm eine Weisenbacherin bei: „Das Menschliche fehlt irgendwo halt komplett.“ Für sie spielt aber das Alter eine wichtigere Rolle. Gerade für ältere Menschen sei es fatal, dass es ihre Ansprechpartner vor Ort ab Montag nicht mehr geben wird. Wer altersbedingt nicht gerade im Umgang mit Smartphone, Tablet oder Online-Banking vertraut ist, schaue ihr zufolge fortan in die Röhre.

Nichtsdestotrotz können die Kunden in der Murgtal-Gemeinde die Entscheidung der Sparkasse grundsätzlich verstehen. „Hier ist ja sonst nicht mehr viel“, sagt etwa ein Passant, der nach eigener Aussage seit seiner Jugend den Service vor Ort wahrnimmt. Die schrumpfende Zahl derjenigen, die sich persönlich beraten lassen, ist auch den Menschen nicht entgangen, so der Tenor vor Ort.

„Früher waren wir hier zu dritt am Schalter“, blickt eine Mitarbeiterin, die die Laufkundschaft mittlerweile alleine betreut, auf längst vergangene Zeiten zurück. Und dennoch: „Selbst ich bin nicht voll ausgelastet“, gesteht sie. Anlässlich der Schließung des Schalters hat sie sogar die Einweihungsurkunde der Filiale – damals im Jahr 1997 noch vom mittlerweile verstorbenen Bürgermeister und Landrat Toni Huber unterschrieben – aus den Schränken geholt. Dass auch sie ab Montag ihren Platz räumen muss, bedauert sie und zeigt dennoch angesichts der niedrigen Kundenfrequenz Verständnis dafür, „so schade es auch ist“, wie sie hinzufügt.

Zum Thema: Filialnetz weiter im Wandel

Rastatt/Gernsbach (ema) – Das Filialnetz der Sparkasse Rastatt-Gernsbach bleibt im Wandel. Anfang Mai wird das Unternehmen seine Filiale in Weisenbach in eine Selbstbedienungseinrichtung (SB) umwandeln. Damit wird die Sparkasse neben der Hauptstelle in Rastatt über sieben Geschäftsstellen und zehn SB-Einrichtungen verfügen. Vorstandschef Ulrich Kistner verkündete bei der Vorlage der Jahresbilanz 2021 „mit Stolz“ wirtschaftliche Wachstumszahlen. Beim Personal ging die Zahl der Mitarbeiter allerdings von 277 auf 269 zurück. Mittelfristig wolle man aber die Belegschaftsstärke konstant halten.

14 Azubis lernen bei der Sparkasse. Und ab September wird das Unternehmen im Lehrbereich einen neuen Weg gehen. Erstmals wird man neben den Bankkaufleuten auch eine Ausbildungsstelle „Kaufmann für Digitalisierungsmanagement“ anbieten. Das passe in die Zeit, meint Vorstandsmitglied Klemens Götz, der von einem „Digitalisierungsturbo“ gerade während der Corona-Pandemie spricht. 60 Prozent aller Privatgirokonten seien mittlerweile für den Online-Zugriff freigeschaltet.

Vereine, speziell Jugendliche und soziale Einrichtungen wurden im Jahr 2021 über Spenden und Sponsoring mit 158.000 Euro bedacht. Als Immobilieninvestor – derzeit entsteht das „Gesundheitszentrum“ auf dem Anker-Areal in Rastatt – habe das Unternehmen weitere Ideen, zumal man noch über eigene Grundstücke verfüge, unter anderem in Muggensturm und Gernsbach, sagte Kistner. Kurzfristig spruchreif sei aber nichts.

Einweihung im Jahr 1997: Die Urkunde wurde noch von Bürgermeister Toni Huber unterzeichnet. Foto: Konstantin Stoll/BT

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Einweihung im Jahr 1997: Die Urkunde wurde noch von Bürgermeister Toni Huber unterzeichnet. Foto: Konstantin Stoll/BT

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Erstellt:
29. April 2022, 07:30 Uhr
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